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Hier lernst du alles, was du für deinen erfolgreichen Start als Freelancer:in wissen musst.
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Würdest du in eine Scheinselbstständigkeit abrutschen, kannst du beim Herauskommen in eine unangenehme Position geraten. Was Scheinselbstständigkeit bedeutet und wie du sie vermeidest, erklären wir in diesem Beitrag.
Selbständig, aber irgendwie doch nicht – Jeder, der freiberuflich oder allgemein selbstständig arbeitet, sollte den Begriff der Scheinselbstständigkeit schon einmal gehört haben. Und sicher auch davon, dass sie böse Folgen haben kann, wenn man erst einmal hineingeraten ist. Dementsprechend machen sich viele von uns Sorgen darum, ob sie eventuell scheinselbstständig sein könnten. Kurzum braucht ihr aber nicht vor Angst erstarren. Zum einen, weil eher der Auftraggeber zur Rechenschaft gezogen wird, was die Konsequenzen angeht. Und zum anderen, weil die Scheinselbstständigkeit sowieso nur in ein paar ganz wenigen individuellen Einzelfällen wirklich vorliegt. Solange du als Freelancer normal arbeitest und mehrere Kunden mit ausgewogenen Umsatzverhältnissen hast, sowie nicht mit anderen Freelancern arbeitest, für die du der einzige Kunde bist, ist die Scheinselbstständigkeit für dich nicht relevant.
Wann spricht man von einer Scheinselbstständigkeit?
Von einer Scheinselbstständigkeit spricht man dann, wenn ein Arbeitsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer als selbstständig oder frei betitelt wird, aber eigentlich der Ausführung wie bei einem fest angestellten Mitarbeiter entspricht. Strafbar ist das deshalb, weil der Auftraggeber so die Ausgaben für die Sozialversicherung seines eigentlichen Mitarbeiters umgeht, die er tragen müsste. Andersherum muss der Freelancer dafür Sorge tragen, dass es nicht zu einer Scheinselbstständigkeit kommt. Das erklärt, warum beide Seiten die Konsequenzen tragen müssen, sofern das (aktiv oder auch unwissend) vorgetäuschte Vertragsverhältnis ans Licht kommt. Ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt oder nicht, lässt sich anhand von drei verschiedenen Kriterien festlegen:
- Vorher angestellt: Gab es vor der selbstständigen Tätigkeit für den Auftraggeber ein vertragliches Angestelltenverhältnis und machst du nun eigentlich die gleichen Aufgaben, die du auch vorher schon gemacht hast, kann man recht schnell Verdacht auf eine Scheinselbstständigkeit schöpfen
- Tief verstrickt: Musst du dich fest den Weisungen des Auftraggebers (z.B. Arbeitsplatz, Arbeitskleidung, Arbeitszeiten) verpflichten, bist du so tief in das Unternehmen des Auftraggebers verstrickt, dass du auch fest angestellt sein könntest; womit es auch hier nach einer Scheinselbstständigkeit riecht
- Umsatzmehrheit: Machen die Verdienste aus der Kooperation mit dem Auftraggeber mindestens 80% deines Gesamtumsatzes aus, herrscht eine Umsatzmehrheit und eine Scheinselbstständigkeit kann vorliegen; wir sprechen dabei von langfristigen Zeiträumen, nicht von nur einem einzelnen Monat
Wer bestimmt, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt oder nicht?
In der Regel ist es vor allem die Umsatzmehrheit, die auf eine Scheinselbstständigkeit schließen lässt. Wenn man wirklich dauerhaft mehr als 80 % seines Umsatzes nur mit diesem Auftraggeber verdient, ist das natürlich schon sehr verdächtig. Die anderen zwei Kriterien lassen weitestgehend noch einen Raum für Interpretationen. Das führt uns zur Frage, wer denn eigentlich bestimmt, ob nun eine Scheinselbstständigkeit vorliegt oder nicht. Auch dafür findest du nachfolgend eine kleine Aufzählung:
Aktive Prüfungen durch...
- die Deutsche Rentenversicherung (sie prüft eigenständig oder auf Zuruf des Auftraggebers oder des Freelancers hin zu deren jeweiliger Absicherung)
- das Finanzamt (wenn es zur Steuererklärung kommt und ggf. Rechnungen eingesehen werden, können Umsatzmehrheiten auffallen)
Zufällige Prüfungen durch...
- ein Arbeitsgericht (wenn der Freelancer beispielsweise ein gekündigtes Vertragsverhältnis einklagt, weil es ihm unvorbereitet die Existenzgrundlage rauben würde und es zwangsweise zu einer tiefergehenden Prüfung kommt)
- Sozialversicherungsträger (wenn beispielsweise die Krankenkasse Beiträge nachgezahlt haben möchte und man den Fall erklären muss)
Was passiert, wenn die Scheinselbstständigkeit rauskommt?
Wie bereits weiter oben angesprochen, hat eine Scheinselbstständigkeit vor allem für den Auftraggeber negative Folgen. Er muss nämlich für bis zu 4 Jahre rückwirkend Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen und muss bei vorsätzlicher Scheinselbstständigkeit mit weiteren Geld- und sogar Haftstrafen rechnen. Darüber hinaus muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer die gleichen Rechte zugestehen, die ein normaler Mitarbeiter seines Unternehmens auch hätte. Tatsächlich ist schon so manches Unternehmen an den Folgen der Scheinselbstständigkeit insolvent gegangen. Beachte, dass du Auftraggeber bist, sobald du einen anderen Freelancer auf Rechnung beschäftigst und prüfe, ob er auch andere Kunden hat.
Die Folgen für den Auftragnehmer, also dich, fassen wir in einer kurzen Aufzählung zusammen:
- Selbstständige Tätigkeit darf nicht fortgeführt werden
- Nachzahlung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung für 3 Monate
- Du wirst automatisch Angestellte/r in dem Unternehmen (inklusive Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Kündigungsschutz) – rückwirkend zum Beginn der Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber; das bisherige Honorar wird zum gewöhnlichen und sicheren Nettogehalt
Klingt gar nicht so übel, oder? Eine Scheinselbstständigkeit solltest du trotzdem vermeiden.
Wie lässt sich eine Scheinselbstständigkeit vermeiden?
Noch einmal möchten wir die Passage von oben wiederholen: Solange du freiberuflich für mehrere Kunden arbeitest, auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung arbeitest, umsatztechnisch nicht deutlich von einem einzigen Kunden abhängig bist und ausschließlich mit Freelancern zusammenarbeitest, bei denen das genauso zutrifft, liegt auch keine Scheinselbstständigkeit vor. Wenn du neue Freiberufler ins Boot holst, solltest du auf jeden Fall deren Auftragslage und Kundenstamm überprüfen, um sicherzugehen, dass du nicht versehentlich der einzige oder der eindeutig größte Kunde des Freelancers bist.
Solltest du gerade erst in die Selbstständigkeit einsteigen und warst vorher in einem Unternehmen, das weiterhin deine Leistungen beanspruchen möchte, solltest du dich bemühen, möglichst schnell weitere Kunden heranzuholen. Vermeide jegliche Abhängigkeit, gar nicht mal nur wegen einer drohenden Scheinselbstständigkeit, sondern auch von der Lebenslage her. Auch ich habe als Autor dieses Beitrags beispielsweise mal ein Praktikum gemacht und habe danach direkt weiter freiberuflich für diese Firma gearbeitet. Weil ich jedoch schon während des Praktikums nebenberuflich selbstständig war und einen gewissen Kundenstamm besaß, war ich nicht gefährdet, eine Scheinselbstständigkeit einzugehen oder mich finanziell abhängig zu machen.
Mit diesem Wissen im Rücken solltest Du jetzt wieder ruhig schlafen können.
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Häufig gestellte Fragen
Was ist eine Scheinselbstständigkeit?
Von einer Scheinselbstständigkeit spricht man dann, wenn ein Arbeitsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer als selbstständig oder frei betitelt wird, aber eigentlich der Ausführung wie bei einem fest angestellten Mitarbeiter entspricht. Strafbar ist das deshalb, weil der Auftraggeber so die Ausgaben für die Sozialversicherung seines eigentlichen Mitarbeiters umgeht, die er tragen müsste. Andersherum muss der Freelancer dafür Sorge tragen, dass es nicht zu einer Scheinselbstständigkeit kommt. Das erklärt, warum beide Seiten die Konsequenzen tragen müssen, sofern das (aktiv oder auch unwissend) vorgetäuschte Vertragsverhältnis ans Licht kommt.
Woran lässt sich Scheinselbstständigkeit erkennen?
Ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt oder nicht, lässt sich anhand von drei verschiedenen Kriterien festlegen:
- Vorher angestellt: Gab es vor der selbstständigen Tätigkeit für den Auftraggeber ein vertragliches Angestelltenverhältnis und machst du nun eigentlich die gleichen Aufgaben, die du auch vorher schon gemacht hast, kann man recht schnell Verdacht auf eine Scheinselbstständigkeit schöpfen
- Tief verstrickt: Musst du dich fest den Weisungen des Auftraggebers (z.B. Arbeitsplatz, Arbeitskleidung, Arbeitszeiten) verpflichten, bist du so tief in das Unternehmen des Auftraggebers verstrickt, dass du auch fest angestellt sein könntest; womit es auch hier nach einer Scheinselbstständigkeit riecht
- Umsatzmehrheit: Machen die Verdienste aus der Kooperation mit dem Auftraggeber mindestens 80% deines Gesamtumsatzes aus, herrscht eine Umsatzmehrheit und eine Scheinselbstständigkeit kann vorliegen; wir sprechen dabei von langfristigen Zeiträumen, nicht von nur einem einzelnen Monat