Design für alle: Wie inklusives Design unsere Welt zugänglicher macht
Neue Arbeitswelt

Design für alle: Wie inklusives Design unsere Welt zugänglicher macht

Ni Putu Paulina
Ni Putu Paulina

Freie Art Direktorin

· Juli 2024

· aktualisiert Oktober 2024

In diesem Artikel

In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, wie du inklusives Design als Superpower nutzt, um die Welt ein Stück zugänglicher für alle zu machen und nebenbei deine Zielgruppe erweiterst, die Experience deiner Kund:innen verbesserst und dir durch innovativere Produkte einen Wettbewerbsvorteil verschaffst. Unternehmen wie Headspace, Microsoft, Nike und Google integrieren inklusives Design schon lange in ihre Prozesse. Inklusion ist dir wahrscheinlich ein Begriff. Aber was ist eigentlich inklusives Design?

Inklusives Design: eine Definition

Inklusives Design zielt darauf ab, Umgebungen und Produkte so zu gestalten, dass alle Menschen, unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht, körperlichen oder kognitiven Fähigkeiten, vollständig am Design teilnehmen und davon profitieren können. Der Hauptgedanke hinter inklusivem Design ist es, Barrieren zu beseitigen, eine gleichberechtigte Nutzung für alle zu ermöglichen und dabei verschiedene Identitäten und Vielfalt zu berücksichtigen. Ein paar Beispiele:

Große Schriftarten: Erleichtern das Lesen für Menschen mit Sehproblemen.

Einfache Sprache: Hilft Menschen mit Leseschwierigkeiten oder Sprachlernenden.

Farben und Kontraste: Unterstützen Menschen mit Farbsehschwäche.

Diverse Fotografie: Repräsentiert unterschiedliche Menschen und Realitäten

Mein persönlicher Weg zu inklusivem Design

Wenn ich an meine Studienzeit zurückdenke, wurde mir als angehende Kommunikationsdesignerin beigebracht, dass Design ganz klar von Kunst abzugrenzen ist. Design habe ganz klare Regeln und die müsse man kennen, um sie zu brechen. Aber wer hat diese Regeln eigentlich erfunden? Darüber habe ich mir zum damaligen Zeitpunkt wenig Gedanken gemacht. Ich lernte die Grundlagen der Typographie, Werbung, Fotografie, Grafik und so weiter. Und natürlich beschäftigte ich mich mit den Großen der Großen der Design-Welt – von Erik Spiekermann (der u.a. die Schrift der Deutschen Bahn gestaltete) bis hin zu Max Miedinger (dem Erfinder der »all-time-favourite-Font« aller Designer*innen: »Helvetica« – wer kennt sie nicht) oder Stefan Sagmeister (der legendäre Albumcover für Jay-Z, die Rolling Stones und Aerosmith gestaltete). Ich erinnere mich kaum an weibliche Designerinnen-Legenden, geschweige denn Designer:innen mit Migrationshintergrund oder Behinderungen. Meine Perspektive war

geprägt von weißen, gesunden cis Männern. Und somit adaptierte und implementierte ich diese Sichtweise, wobei mein eigener diverser Hintergrund mir später die Augen für die Grenzen öffnete, über die ich selbst stolperte. »Oh no«, denkst du dir jetzt vielleicht, »lass uns bitte nicht politisch werden!«. Da muss ich dich leider enttäuschen, denn Design ist niemals neutral und immer politisch. Design kann Verhalten prägen, Entscheidungen beeinflussen und sogar soziale Normen verändern oder verfestigen. Unser eigener Hintergrund und unsere gesellschaftlichen Prägungen führen dazu, dass wir Design häufig eindimensional betrachten und durch unseren eigenen »bias« ganz unbewusst Menschen ausschließen. Doch wie können wir das ändern?

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Die Vorbereitung für inklusives Design

Im ersten Schritt ist es wichtig, bei dir selbst anzufangen und dir bewusst zu machen, wie du selbst gesellschaftlich geprägt bist. 

Was sind deine sozialen Voraussetzungen und was ist deine ganz eigene Brille, durch die du die Welt siehst?

Im zweiten Schritt ist es wichtig zu erkennen, dass deine eigene Realität nicht stellvertretend für alle Menschen ist. Wir alle leben in unserer eigenen Bubble – geprägt durch unser Geschlecht, unsere individuellen Erfahrungen und unseren sozialen, ethnischen Hintergrund und andere Identitäten. Oft sind wir uns gar nicht bewusst, dass das, was für uns selbstverständlich ist, für andere nicht zugänglich ist. Somit ist niemand frei von Blind Spots. Diese wichtigen Erkenntnisse werden dir helfen, wichtige Entscheidungen in der Implementierung von inklusivem Design zu treffen.

Praktische Schritte zur Umsetzung von inklusivem Design

  1. Benutzer:innenforschung und Beteiligung: Beteilige eine vielfältige Gruppe von Nutzer:innen aktiv am Designprozess, um ihre Bedürfnisse und Perspektiven zu verstehen.
  2. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Gestalte Produkte und Umgebungen flexibel, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden.
  3. Klare und einfache Kommunikation: Stelle Informationen klar und leicht verständlich dar.
  4. Barrierefreiheit als Standard: Integriere barrierefreies Design von Anfang an.
  5. Schulung und Sensibilisierung: Bilde Teams in den Prinzipien des inklusiven Designs und der Intersektionalität weiter.
    Ich möchte dir noch zwei weitere wichtige Bausteine des inklusiven Designs vorstellen:

Barrierefreies Design

Barrierefreies Design ist ein Schlüsselelement des inklusiven Designs und beseitigt physische, sensorische und kognitive Barrieren. Beispiele sind rollstuhlgerechte Zugänge, visuelle und auditive Unterstützungssysteme sowie leicht verständliche Beschilderungen und Benutzer:innenoberflächen. Vielleicht hast du schon gesehen, dass ab dem 28. Juni 2025 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft tritt, nachdem u.a. Websites barrierefrei gestaltet werden müssen – ein wichtiger Schritt zu mehr Inklusion.


Intersektionales Design

Inklusives Design nicht gleich inklusives Design. Häufig betrachten wir das Thema Inklusion eindimensional und bedenken nicht, wie sich verschiedene Faktoren aufeinander auswirken und bedingen. Um wirklich inklusiv zu sein, ist es wichtig, Intersektionalität zu verstehen. Intersektionalität ist ein Konzept, das die Überschneidung und das Zusammenspiel verschiedener sozialer Kategorien wie Geschlecht, Herkunft, Klasse und Behinderung untersucht, die zu einzigartigen Diskriminierungs- oder Privilegierungserfahrungen führen können. Dieses Konzept wurde von der Juristin Kimberlé Crenshaw in den späten 1980er Jahren geprägt. Intersektionalität hilft dabei zu sehen, wie verschiedene Identitätsaspekte miteinander interagieren und wie sie das Leben einer Person beeinflussen. Dieses Konzept hilft uns, die vielfältigen und oft komplexen Bedürfnisse der Nutzer:innen zu verstehen und zu berücksichtigen. Wenn wir also zum Beispiel Frauen in Unternehmen eine Stimme geben wollen, ist es wichtig, Frauen mit unterschiedlichen Hintergründen mit einzubeziehen, um zu vermeiden, dass wir nur eine »weibliche Perspektive« abbilden. Das kann in diesem Fall dazu führen, dass wir zwar einen Großteil der Frauen einschließen, aber eben nicht alle und somit wieder exklusiv sind.
Beispiel: Eine Frau mit Migrationshintergrund, die im Rollstuhl sitzt, hat durch die Überlappung verschiedener Diskriminierungserfahrungen und Einschränkungen ihre ganz eigene Perspektive und Realität. Wichtig ist es hierbei allerdings, neben ihrer Belastung und Einschränkungen, auch ihre individuellen Fähigkeiten, Potenziale und einzigartige Perspektive zu erkennen, von der wir lernen können.

Intersektionalität

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Vorteile von inklusivem Design

Erhöhte Zugänglichkeit und Nutzer:innenfreundlichkeit: Inklusives Design stellt sicher, dass Produkte und Dienstleistungen für eine breitere Nutzer:innenbasis zugänglich sind, einschließlich Menschen mit Behinderungen, älteren Menschen und anderen Gruppen, die oft übersehen werden.

Microsoft hat es sich zur Aufgabe gemacht, verschiedene Tools und Anleitungen zu entwickeln, um Design für mehr Menschen zugänglich zu machen.

Verbesserte Nutzer:innenerfahrung: Durch die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Nutzer:innen wird die Gesamterfahrung verbessert, was zu einer höheren Zufriedenheit und Loyalität führt.

Shopify zeigt in diesem Artikel, wie man mit Fehlern umgehen kann. Bei der Überarbeitung ihres Illustrations-Guides stellten die Designer:innen fest, dass sie das Thema »Diversität« zu vereinfacht angegangen sind.

Kund:innenerweiterung und -bindung: Mehr Nutzer:innenfreundlichkeit, Zugänglichkeit und eine verbesserte Nutzer:innenerfahrung führen zwangsläufig zu mehr Kund:innen und einer stärkeren Bindung.

Wettbewerbsvorteil durch Innovation: Durch das Einbeziehen von inklusivem Design entwickelst du ganz neue Lösungen, die als Alleinstellungsmerkmal dienen können. Unternehmen, die inklusives Design anwenden, können sich von der Konkurrenz abheben und neue Marktsegmente erschließen, die bisher unberücksichtigt geblieben sind und durch innovative Produkte Vorreiter:innen werden.

Die Make-Up Brand Fenty hat den Beauty-Markt revolutioniert – nicht nur durch das Abbilden von Diversität in ihren Werbekampagnen, sondern indem sie Vielfalt auch in ihren Produktlinien beherzigen. Das Unternehmen brachte eine Make-Up Foundation auf den Markt, die in 50 verschiedenen Schattierungen erhältlich ist und somit verschiedenste Herkünfte und Hautfarben mit einschließt und wurde dadurch Vorreiter in ihrem Segment und erlangte internationale Aufmerksamkeit.

Gesellschaftlicher Nutzen: Inklusives Design sorgt für soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit, indem es Barrieren abbaut und die Teilnahme aller Menschen am öffentlichen Leben ermöglicht.

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📌 Fazit: Inklusives Design – Win Win! 

Der Einfluss von Design wird häufig unterschätzt. Dabei hat es einen riesigen Impact darauf, wie wir Botschaften aussenden, wie Menschen mit unseren Marken interagieren, wie zugänglich unsere Produkte sind und welche Verbindungen wir zu unserer Zielgruppe aufbauen. Indem wir die Vorteile von intersektionalem und inklusivem Design nutzen, können wir nicht nur bessere, innovativere und zugänglichere Produkte schaffen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil erlangen, sondern auch eine Umgebung, in der alle Menschen gleichermaßen geschätzt und berücksichtigt werden. Um inklusives Design umzusetzen, solltest du Nutzer:innen an dem Prozess beteiligen, das Design flexibel gestalten und klar kommunizieren. Sieh die Barrierefreiheit als Standard und sensibilisiere Teams in Schulungen. Inklusives Design ist also mehr als nur ein To-do; es ist vielmehr eine Denkweise, die Menschen die gleichen Chancen und Zugänge zu Produkten und Dienstleistungen ermöglicht. Es liegt in der Verantwortung von Designer:innen und Unternehmen, diese Prinzipien zu integrieren und so zu einer gerechteren und inklusiveren Gesellschaft beizutragen.

Häufig gestellte Fragen

  • Was ist inklusives Design?

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    Inklusives Design zielt darauf ab, Umgebungen und Produkte so zu gestalten, dass alle Menschen, unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht, körperlichen oder kognitiven Fähigkeiten, vollständig am Design teilnehmen und davon profitieren können.

  • Was bringt inklusives Design?

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    • Erhöhte Zugänglichkeit und Nutzer:innenfreundlichkeit: Inklusives Design stellt sicher, dass Produkte und Dienstleistungen für eine breitere Nutzer:innenbasis zugänglich sind, einschließlich Menschen mit Behinderungen, älteren Menschen und anderen Gruppen, die oft übersehen werden.
    • Verbesserte Nutzer:innenerfahrung: Durch die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Nutzer:innen wird die Gesamterfahrung verbessert, was zu einer höheren Zufriedenheit und Loyalität führt.
    • Kund:innenerweiterung und -bindung: Mehr Nutzer:innenfreundlichkeit, Zugänglichkeit und eine verbesserte Nutzer:innenerfahrung führen zwangsläufig zu mehr Kund:innen und einer stärkeren Bindung.
    • Wettbewerbsvorteil durch Innovation: Durch das Einbeziehen von inklusivem Design entwickelst du ganz neue Lösungen, die als Alleinstellungsmerkmal dienen können. Unternehmen, die inklusives Design anwenden, können sich von der Konkurrenz abheben und neue Marktsegmente erschließen, die bisher unberücksichtigt geblieben sind und durch innovative Produkte Vorreiter:innen werden.
    • Gesellschaftlicher Nutzen: Inklusives Design sorgt für soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit, indem es Barrieren abbaut und die Teilnahme aller Menschen am öffentlichen Leben ermöglicht.
  • Wie erstelle ich inklusives Design?

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    • Benutzer:innenforschung und Beteiligung: Beteilige eine vielfältige Gruppe von Nutzer:innen aktiv am Designprozess, um ihre Bedürfnisse und Perspektiven zu verstehen.
    • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Gestalte Produkte und Umgebungen flexibel, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden.
    • Klare und einfache Kommunikation: Stelle Informationen klar und leicht verständlich dar.
    • Barrierefreiheit als Standard: Integriere barrierefreies Design von Anfang an.
    • Schulung und Sensibilisierung: Bilde Teams in den Prinzipien des inklusiven Designs und der Intersektionalität weiter.
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Seit über zwölf Jahren entwickelt Ni Putu Paulina visuelle Sprachen für Unternehmen – ob durch Art Direktion, Branding oder Artworks und macht Marken durch bolde Design-Lösungen zum Main Character. Mit ihrem Design-Studio verfolgt sie dabei einen wertorientierten Ansatz und integriert inklusives und intersektionales Design in ihre Arbeit – immer mit dem Ziel, mutig zu sein und Normen zu hinterfragen.

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