Gig Economy – bald das neue Normal?
Praxis

Gig Economy – bald das neue Normal?

Anna-Lisa
Anna-Lisa

Professur für Personalmanagement und Organisation

· September 2021

· aktualisiert Februar 2023

In diesem Artikel

Hattest Du schon einmal einen ‚Gig‘? Oder hattest Du schon mal jemanden für einen ‚Gig‘ engagiert? – Und mit einem ‚Gig‘ meinen wir nicht den Auftritt einer Band. Unter einem ‚Gig‘ verstehen wir einzelne Aufträge, ‚Gigs‘, die Du beispielsweise als Texter:in, Graphikdesigner:in, Websiteentwickler:in, Übersetzer:in, oder Buchhalter:in über eine Plattform erhalten hast – oder für die du als Auftraggeber:in Experten:innen engagiert hast. Wenn das auf dich zutrifft, dann bist du schon Teil der Gig Economy! Die Gig Economy ist eine zentrale Form der Arbeitsorganisation in der digitalen Welt (De Stefano, 2015; Prassl, 2018).

Doch was ist die Gig Economy, wie hat sie sich entwickelt, welche Bedeutung hat sie in Zukunft, und wie können die Chancen und Herausforderungen der Gig Economy besser genutzt und gemeistert werden? Diese Fragen wollen wir Dir nun beantworten.

Was ist die Gig Economy?

In der digitalen Arbeitswelt wandeln sich abhängige, längerfristig angelegte Beschäftigungsverhältnisse zu selbstständigen, kurzfristigen Tätigkeiten (Petriglieri et al., 2019). Ein zentrales Element dabei ist die Arbeitsteilung, innerhalb derer Prozesse in einzelne ‚Tasks‘, also Aufgaben, zergliedert werden, die dann als einzeln zu bearbeitende ‚Gigs‘, also Aufträge, von Unternehmen extern über Onlineplattformen vergeben werden können. 

In den vergangenen Jahren gewann die Gig Economy zunehmend an Aufmerksamkeit in Medien, Politik und Wissenschaft. Allerdings gibt es bisher noch keine klare Begriffsklärung. Es werden oft unterschiedliche Bezeichnungen und Klassifizierungen benutzt. In Deutschland findet man häufig die Bezeichnung der ‚Plattformarbeit‘ (Baethge et al., 2019), manchmal spricht man auch von ‚Crowd Work‘ (Leimeister et al., 2016) oder ‚App Work‘ (Duggan et al., 2020). Teilweise werden Crowd Work, App Work und Gig Work als unterschiedliche Arten der Arbeitsorganisation kategorisiert. Bei näherer Betrachtung erkennt man jedoch, dass sie sich auf das gleiche Phänomen beziehen: 

Selbstständige, die meist über Onlineplattformen, abgegrenzte Arbeitsaufträge für Unternehmen ausführen. Oft werden solche Selbstständige als Gig Worker:innen bezeichnet. Sie sind damit eine spezifische Form der Freelancer, die sich von einem Auftrag zum nächsten Auftrag arbeiten.

Die Gig Economy ist somit ein Teil des Arbeitsmarktes, in dem Auftraggeber:innen über Plattformen, wie Junico, einzelne Aufträge an Selbstständige vergeben (brand eins, 2017; Schäfer & Schwarzkopf, 2019).

Wie hat sich die Gig Economy entwickelt?

Die Anfänge der Gig Economy finden sich in den USA während der Finanzkrise 2008/2009. Nach dem Verlust des Arbeitsplatzes haben dort die Menschen mangels Alternativen begonnen eine Reihe von kleineren und unterschiedlichen Aufträgen anzunehmen und wurden so zu Gig Worker:innen (brand eins, 2017). Im Zuge der Digitalisierung nahm dieses Phänomen zu. Durch Plattformen wie Uber, Lieferando oder Amazon Mechanical Turk wurde die Gig Economy am Arbeitsmarkt zunehmend relevanter. In den vergangenen Jahren entstand eine Vielzahl von neuen Plattformen für unterschiedliche Branchen. Inzwischen findet man auch zunehmend Plattformen, die sich auf die Vermittlung von hoch qualifizierten Arbeitskräften fokussieren (Fuller et al., 2020).

Der konkrete Umfang der heutigen Gig Economy insbesondere in Deutschland und Europa ist jedoch unklar (Roland Berger, 2020; Schäfer & Schwarzkopf, 2019). Aufgrund unterschiedlicher Klassifizierungen von Gig Work sind genaue Daten über die Größe der hiesigen Gig Economy nur schwer bestimmbar (Schäfer & Schwarzkopf, 2019). Unterschiedliche Studien gehen von einem Anteil von ein bis vier Prozent der Erwerbstätigen aus, die hauptberuflich als Gig Worker:innen tätig sind (Roland Berger, 2020; Schäfer & Schwarzkopf, 2019; Wallenstein et al., 2019). Eine Umfrage des McKinsey Global Institute aus dem Jahr 2016 ergab, dass ca. 15 Prozent der Erwerbstätigen aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Schweden und Spanien schon einmal als Gig Worker:innen tätig waren; die meisten davon nebenberuflich (Bughin & Mischke, 2016). Auch wenn die Gig Economy derzeit noch eine geringe Rolle am Arbeitsmarkt spielt, sind sich Wissenschaft und Politik jedoch einig: Gig Work wird zukünftig eine bedeutende Beschäftigungsform sein.

Was sind die Chancen und Herausforderungen der Gig Economy?

Auch wenn die Chancen und Herausforderungen als Gig Worker:in oder als Auftraggeber:in individuell unterschiedlich sein können, gibt es typische Chancen und Herausforderungen der Gig Economy:

Studien ergaben, dass Gig Worker:in an ihrer Arbeit besonders die erhöhte Flexibilität und die Freiheit der Gestaltung schätzen. Herausfordernd ist für sie die fehlende soziale Absicherung (Baethge et al., 2019), oder die fehlende wirtschaftliche und persönliche Unterstützung eines traditionellen organisatorischen Arbeitsumfelds (Petriglieri et al., 2019).

Auftraggeber:innen können durch die Gig Economy auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Talenten zurückgreifen, und durch eine erhöhte Flexibilisierung Aufträge nach Bedarf an Arbeitskräfte vergeben, anstatt permanente Festanstellungen vornehmen zu müssen. Herausforderungen für sie sind u.a. die Gefahr des „Kulturabbaus“ (Baethge et al., 2019, S. 27), oder eine unpassende Arbeitsorganisation durch Verlagerung in Wertschöpfungssysteme außerhalb des Unternehmens (Baethge et al., 2019).

Um die Chancen besser zu nutzen und die Herausforderungen zu meistern, braucht es ein auf die Gig Economy ausgerichtetes Personal- und Organisationsmanagement, das sich sowohl auf die Arbeitnehmer:innen innerhalb eines Betriebs, als auch auf die Gig Worker:innen außerhalb des Betriebs bezieht. Die Professur für Personal und Organisation der Bundeswehr Universität München, gefördert durch die Adecco Stiftung für Arbeit und soziales Leben, führt deshalb das Forschungsprojekt „Konzepte und Instrumente für das Management von Gig Work“ durch.

Ziel des Forschungsprojekts ist es, die Zusammenarbeit zwischen Gig Worker:innen, Plattformen und Auftraggebern:innen zu untersuchen, um so geeignete Instrumente für das Management der Gig Economy zu entwickeln.

Und dafür brauchen wir dich als Experten:in

Wir benötigen deine Erfahrung und dein Wissen als Gig Worker:in oder Auftraggeber:in in der Gig Economy.

Werde deshalb Experte:in in unserem Forschungsprojekt und nehme an unserer ca. 30-minütigen Interviewstudie (über Zoom) teil. 

Wir brauchen dich und deine Erfahrung, damit wir in unserem Forschungsprojekt Wissen generieren können, das dir dabei hilft als oder mit Gig Worker:in erfolgreich zu arbeiten!

Dabei spielt es keine Rolle, ob du erst seit Kurzem und nebenberuflich als Gig Worker:in tätig bist, oder schon ein ‚alter Hase‘ der Gig Economy bist, der täglich mit neuen Herausforderungen konfrontiert wird. Es ist unwichtig, ob du erst wenige Aufträge an Gig Worker:innen vergeben hast oder schon eine langjährige Erfahrung in der Gig Economy besitzt. Denn gerade die unterschiedlichen Erfahrungen und Erlebnisse sind für unsere Studie besonders wichtig.

Gerne stellen wir dir unsere Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt zur Verfügung und bieten dir ein kurzes Telefonat zur Diskussion der Ergebnisse an. Mit unseren Ergebnissen erhoffen wir geeignete HR-Instrumente zu entwickeln, die dich in deiner Arbeit als Gig Worker:in oder Auftraggeber:in unterstützen.

Du hast Interesse? Super! Schreib uns einfach eine kurze und unverbindliche E-Mail an: anna-lisa.schneider@unibw.de.

Natürlich versuchen wir dann einen passenden Interviewtermin für dich zu finden. Weitere Details zum Interview lassen wir dir in einer persönlichen Nachricht zukommen.

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📌Das Fazit zur Gig Economy

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gig Economy eine bedeutende Entwicklung am Arbeitsmarkt ist. Um die Gig Economy weiter zu professionalisieren, und die Herausforderungen der Gig Economy besser zu meistern, möchten wir mit unserer Studie die klassischen Personalinstrumente auf die Gig Economy anpassen. Werde deshalb Experte:in in unserem Forschungsprojekt! So wird die Gig Economy zukünftig für alle motivierend und zufriedenstellend.

Literaturverzeichnis

Baethge, C. B., Boberach, M., Hoffmann, A. & Wintermann, O. (2019). Plattformarbeit in Deutschland: Freie und flexible Arbeit ohne soziale Sicherung. 

brand eins. (2017). Was war noch mal … die Gig Economy? - brand eins online. https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2017/offenheit/was-war-noch-mal-die-gig-economy

Bughin, J. & Mischke, J. (2016). Exploding myths about the gig economy. https://voxeu.org/article/exploding-myths-about-gig-economy

De Stefano, V. (2015). The rise of the just-in-time workforce: On-demand work, crowdwork, and labor protection in the gig-economy. Comparative Labour, Law & Policy Journal, 37, 471–504.

Duggan, J., Sherman, U., Carbery, R. & McDonnell, A. (2020). Algorithmic management and app‐work in the gig economy: A research agenda for employment relations and HRM. Human Resource Management Journal, 30(1), 114–132. https://doi.org/10.1111/1748-8583.12258

Fuller, J., Raman, M., Bailey, A. & Vaduganathan, N. (2020). Rethinking the On-Demand Workforce. Harvard Business Review, 96–103.

Leimeister, J. M., Durward, D. & Zogaj, S. (2016). Crowd Worker in Deutschland: Eine empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen (Study / Hans-Böckler-Stiftung Reihe Praxiswissen Betriebsvereinbarungen). Düsseldorf. http://hdl.handle.net/10419/146407 

Petriglieri, G., Ashford, S. J. & Wrzesniewski, A. (2019). Agony and Ecstasy in the Gig Economy: Cultivating Holding Environments for Precarious and Personalized Work Identities. Administrative Science Quarterly, 64(1), 124–170. https://doi.org/10.1177/0001839218759646

Prassl, J. (2018). Humans as a service: The promise and perils of work in the gig economy (First edition, Bd. 1). Oxford University Press. https://doi.org/10.1093/oso/9780198797012.001.0001

Roland Berger. (2020). Die Zukunft der Gig Economy. https://www.rolandberger.com/de/Insights/Publications/Die-Zukunft-der-Gig-Economy.html

Schäfer, M. & Schwarzkopf, N. (2019). Gig-Economy: Chance oder Gefährdung für den Arbeitsmarkt? 

Wallenstein, J., Chalendar, A. de, Reeves, M. & Bailey, A. (17. Januar 2019). The New Freelancers: Tapping Talent in the Gig Economy. Germany - DE. https://www.bcg.com/de-de/publications/2019/new-freelancers-tapping-talent-gig-economy

Häufig gestellte Fragen

  • Was ist die Gig Economy?

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    In der digitalen Arbeitswelt wandeln sich abhängige, längerfristig angelegte Beschäftigungsverhältnisse zu selbstständigen, kurzfristigen Tätigkeiten (Petriglieri et al., 2019). Ein zentrales Element dabei ist die Arbeitsteilung, innerhalb derer Prozesse in einzelne ‚Tasks‘, also Aufgaben, zergliedert werden, die dann als einzeln zu bearbeitende ‚Gigs‘, also Aufträge, von Unternehmen extern über Onlineplattformen vergeben werden können.

  • Wie hat sich die Gig Economy entwickelt?

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    Die Anfänge der Gig Economy finden sich in den USA während der Finanzkrise 2008/2009. Nach dem Verlust des Arbeitsplatzes haben dort die Menschen mangels Alternativen begonnen eine Reihe von kleineren und unterschiedlichen Aufträgen anzunehmen und wurden so zu Gig Worker:innen (brand eins, 2017). Im Zuge der Digitalisierung nahm dieses Phänomen zu. Durch Plattformen wie Uber, Lieferando oder Amazon Mechanical Turk wurde die Gig Economy am Arbeitsmarkt zunehmend relevanter. In den vergangenen Jahren entstand eine Vielzahl von neuen Plattformen für unterschiedliche Branchen. Inzwischen findet man auch zunehmend Plattformen, die sich auf die Vermittlung von hoch qualifizierten Arbeitskräften fokussieren (Fuller et al., 2020).

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Die Professur für Personal und Organisation der Bundeswehr Universität München führt das Forschungsprojekt „Konzepte und Instrumente für das Management von Gig Work“ durch. Dr. Georg Loscher (Bild links oben), Anna-Lisa Schneider (Bild rechts) und Prof. Dr. Stephan Kaiser (Bild links unten) untersuchen insbesondere die Motive, das Wissensmanagement und die Zusammenarbeit von Gig Worker*innen, Auftraggeber*innen und Plattformen.

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